#102 Wenn dein Verständnis toxisch wird

Transformations – Inspiration

In dieser Folge geht es um Verständnis. Es geht um die Frage, wann dein Verständnis toxisch wird. Auch wenn wir in einer Welt leben, in der mehr Verständnis füreinander sicherlich enorm wichtig und hilfreich wäre, gibt es doch auch eine Schattenseite des Verständnisses…

In dieser Folge erfährst Du:

  • was toxisches Verständnis / toxische Toleranz überhaupt bedeutet
  • die Ursachen von toxischer Toleranz
  • wie sehr es Deine Würde beschädigen kann
  • welchem Zweck übermäßiges Verständnis dient
  • wie wichtig deine Werte sind

Diese möchte ich in dieser Folge beleuchten, denn es ist gar nicht so schwer, dieser Schattenseite auf den Leim zu gehen. Besonders wenn man ein feinfühliger Mensch ist und besonders auch dann, wenn man gewisse Erfahrungen in seiner Biografie hat, die noch immer belastend nachwirken.  Wenn du meinem Podcast schon eine Weile lauschst, dann hast du von mir schon oft gehört, dass ich mir mehr Verständnis in dieser Welt wünsche. Füreinander, für uns selbst, für unsere Innenwelt. Ich bin mir sehr sicher, dass Verständnis wichtig und hilfreich ist zum Heilen und dass Verständnis eine Triebfeder für Wohlwollen ist. Dafür plädiere ich ständig. Ich wünsche mir eine Welt voller Toleranz und Verständnis. Ich wünsche mir eine Welt, in der wir den anderen so sehr und so gut wahrnehmen können, dass wir in der Lage sind, hinter seine Handlungen zu blicken. Dass wir in der Lage sind, hinter die Fassaden zu blicken, hinter die Kompensationsstrategien, die uns jemand präsentiert und das Gleiche natürlich auch für uns selbst. Ich wünsche mir, dass wir uns selbst besser verstehen. Dass wir unseren eigenen, inneren Anteilen gegenüber toleranter werden, sie mehr achten und dadurch leichter mit ihnen in einen heilsamen, transformierenden Prozess kommen. Aber es gibt auch so zahlreiche Momente in meiner Praxislaufbahn, in denen ich erlebt habe, wie toxisch Verständnis sein kann. Dass es eine Facette von Verständnis gibt, wo die Ursache, aus der heraus wir Verständnis generieren und die Wirkung, die daraus entsteht, denjenigen, der Verständnisvoll ist, wirklich zermürben kann. Genau darüber werde ich heute sprechen. Über den Zweck, den dieses Verständnis verfolgt, über den Ursprung, den es hat, über die Wirkung, die es hat und natürlich mag ich auch verschiedene Inspirationen zum Transformieren des übermäßigen oder toxischen Verständnisses anbieten.

Wie entwickelt man ein toxisches Verständnis? Ein Beispiel…

Ganz einfach zu Beginn gesagt: Ein „zu viel“ an Verständnis führt zu einer Toleranz (die könnte man auch in Anführungszeichen setzen), die die eigenen Grenzen missachtet. Häufig ist dieses „zu viel“ an Verständnis, ein Aspekt aus einem abhängigen Beziehungsmuster. Darüber habe ich viel gesagt in den Podcastfolgen über abhängige Beziehungen. Diese findest du verlinkt in den Shownotes. Zu viel Verständnis ist etwas, was häufig in Co-Abhängigkeit führt. Um das Ganze klar transparent zu zeichnen, möchte ich dir Franka vorstellen. Franka ist eine Stellvertreterin für viele Klientinnen und auch Klienten in meiner Praxis, die ich jetzt zu einem Beispiel heranziehe. Franka befindet sich in einer Beziehung. Ihr Beziehungspartner/ihre Beziehungspartnerin legt immer wieder Verhaltensweisen an den Tag, die Franka verletzen und verunsichern. Sie hat das schon häufiger angesprochen, was für sie nicht leicht war. Es ist also transparent in der Beziehung, dass sie darunter leidet aber ihr Gegenüber zeigt keine Veränderung in dem eigenen Verhalten. Vielleicht liegt es an einer mangelnden Bereitschaft, vielleicht an was auch immer für Gründen. In jedem Fall signalisiert ihr Gegenüber immer wieder, „Ja ich werde etwas ändern.“, aber es geschieht keine Veränderung. Wenn es dann wieder zu einem solchen Verhalten kommt, gibt es auch gelegentlich Ausreden oder Rechtfertigungen. Franka bekommt immer wieder das Gefühl, sie ist zwar gehört worden, aber das hat keine wirkliche Konsequenz. Somit entwickelt sich in Franka ein Gefühl von Hilflosigkeit und Verzagtheit. Sie bekommt das Gefühl, ihre eigene Stellungnahme hat hier keine Wirkung. Es ist ihr unangenehm, es immer wieder anzusprechen. Es fühlt sich zermürbend für sie an. Sie kennt das aus ihrer Kindheit, dass sie Dinge gesagt und signalisiert hat, die sie brauchte, die ihr wichtig waren oder die ihr Schmerz bereiteten und es wurde nicht darauf reagiert. Oder es wurde in einer Weise darauf reagiert, die sie eingeschüchtert hat und die sie abermals verletzt hat. Franka hat jetzt also die Wahl, immer wieder diesen Konflikt heraufzubringen oder sich damit irgendwie zu arrangieren. Aufgrund ihrer früheren Erfahrungen entwickelt Franka in sich ein Bild von ihrem Beziehungspartner/ihrer Beziehungspartnerin, in dem sie ganz klar sieht, dass ihr Gegenüber das eigentlich nicht will. Dass sie/er es ja eigentlich nicht so meint. Dass sie/er eigentlich ein ganz anderes Potenzial in sich trägt und dass es nur noch ein bisschen Geduld und Zuversicht braucht. Außerdem ist Franka eine reflektierte Person. Sie weiß viel über die Geschichte ihres Gegenübers und findet jede Menge Erklärungen, warum es ihrem Gegenüber so schwer fällt, das Verhalten zu verändern. Sie hat ganz viele Informationen darüber, wie schwer es sein kann, ein Verhalten zu verändern, wenn man derartige Verletzungen erfahren hat. So entwickelt sie ein Verständnis für das Unvermögen oder das scheinbare Unvermögen des Gegenübers. Aus diesem Verständnis heraus entsteht eine Toleranz, die dazu führt, dass sie ihre eigenen Grenzen missachtet. Sie beginnt sozusagen „runterzuschlucken“. Sie beginnt es wegzustecken und sie hegt vielleicht in sich den Wunsch, dass der oder die andere, wenn sie das nur lange genug tut, schon beginnt sich zu verändern. Dieses Beispiel klingt vielleicht sehr einfach und ich glaube du wärst überrascht, wenn du wüsstest wie viele Menschen solche Beziehungskonzepte führen. Wie viele Menschen in sich eine übermäßige Toleranz für die Muster oder Unachtsamkeiten und Verletzungen anderer Menschen entwickeln. Das ist ein so häufiges Phänomen, dass es mich schon häufig gewundert hat und dass es mich natürlich auch mit bewegt zu dieser Podcastfolge.

Was bedeutet toxisches Verständnis / toxische Toleranz

Nicht immer ist uns so bewusst, wie ich es gerade in Frankas Verlauf beschrieben habe, dass es hier zu einer Entscheidung oder einer Entwicklung, die man vielleicht mitbekommt, kommt. Häufig geschieht das ganz automatisch, wenn frühe Prägungen ihren Beitrag dazu leisten. Wenn du beginnst deine Fähigkeit den anderen zu verstehen, so weit auszudehnen, dass du damit deine eigenen Grenzen ebenso ausdehnst, bis sie vielleicht reißen oder eben überschritten werden, dann beginnst du dich selbst zu verletzen und die Beziehung zu manipulieren. Denn in dem Moment, wenn du dein Verständnis dazu benutzt, tolerant zu werden gegenüber Dingen, die du eigentlich nicht wirklich tolerieren kannst, weil sie dir schaden, beginnst du dich selbst zu belügen. Du beginnst einer Wahrheit auszuweichen, die dir schadet. Das ist natürlich mit guten Gründen so. Deswegen verstehe das, was ich gerade sage, niemals als Vorwurf. Es ist ein Versuch etwas zu beleuchten, sanft Licht auf etwas zu werfen, was in der Regel im Verborgenen, in der Dunkelheit bleibt und von dort aus eine Beziehung gestaltet. In dem Moment, wenn du Dingen gegenüber tolerant wirst, die dir schaden, vollbringst du eine gewisse Leistung in deinem Inneren, die man vielleicht mit einer Art inneren Spaltung bezeichnen könnte..

…wenn du mehr erfahren möchtest,lausche meinem Podcast auf YouTube, Spotify oder iTunes.

Shownotes

  • Emotionale Abhängigkeit verstehen und transformieren // Podcast #41
  • Selbstbestimmung und Verbundenheit // Podcast #87

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